Normfall Examenstrainer,

Strafrecht

Bauarbeiterfall


Sachverhalt

Bauarbeiter B hat seinen neuen Arbeitskollegen A aus Gefälligkeit vorübergehend in seine Wohnung aufgenommen, bis dieser eine eigene Wohnung am Ort gefunden haben würde. Eines Abends laden beide ihren Kollegen X zum Kartenspielen in die Wohnung des B ein. Während des Spiels kommt es zwischen X und A zum Streit, in dessen Verlauf X sich plötzlich auf den ihm körperlich unterlegenen A stürzt und diesem mit Faustschlägen eine kräftige "Abreibung" verpaßt. Infolge der heftigen Schläge kommt A ins Taumeln, schlägt mit dem Kopf an der Tischkante auf und sinkt bewußtlos zu Boden. Einen derartigen Verlauf hatte X nicht vorhergesehen.

X entdeckt nun in einer Jackentasche des am Boden liegenden A zwei Hundertmarkscheine sowie einen kleinen Zettel, auf dem neben einer Kontonummer eine andere vierstellige Zahl steht. Er beschließt, die Geldscheine an sich zu nehmen, setzt diesen Entschluß sogleich in die Tat um und steckt das Geld in seine Jackentasche. Einen der beiden Hundertmarkscheine will er später einem unter chronischem Geldmangel leidenden Freund überlassen. B sieht dem ganzen Geschehen untätig zu, obwohl er weiß, daß er X leicht von seinem gewaltsamen Vorgehen abhalten könnte.

Als A wieder zu sich kommt und klar ist, daß er den Kampf ohne größere Verletzungen überstanden hat, verläßt X eilig die Wohnung des B. Er begibt sich zunächst auf den Heimweg, kehrt jedoch alsbald um, denn er hat sich jetzt doch noch entschlossen, sich auch die Eurocheque-Karte des A zu verschaffen. Die Zahl auf dem kleinen Zettel hatte er sich vor sorglich gemerkt, weil er von Anfang an vermutet hatte, daß es sich dabei um die persönliche Geheimzahl des A für die Benutzung von Geldautomaten handele. Noch bevor er die Wohnung des B erreicht, begegnet ihm A, der nach dem Vorgefallenen nicht mehr lange bei B bleiben wollte. X tritt ihm in den Weg und fordert ihn unter Androhung erneuter Schläge auf, die Scheckkarte herauszugeben. A weigert sich, dieser Forderung nachzukommen, worauf X mit den Fäusten auf A einschlägt. Schließlich läßt er aber doch von A ab: Er erkennt zwar, daß er bei massiverer Gewaltanwendung gegen den ihm körperlich unterlegenen A noch zum Erfolg kommen würde; ein derart massives Vorgehen hat er aber von Anfang an nicht beabsichtigt und will es auch jetzt nicht.

Wie ist das Verhalten von X und B strafrechtlich zu beurteilen?


Fall und NF-Lösungshinweise wurden gebildet im Anschluß an eine unveröffentlichte Examensklausur des Landes Baden-Württemberg.

Beim Normfall Examenstrainer geht es - der Name sagt es - nicht um die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen "Problemen", sondern um das praktische Klausurentraining. Die "Probleme" des Falles werden daher nur als Abweichung von der jeweils zugrunde liegenden Normalität gekennzeichnet; zu den jeweiligen Lösungsmöglichkeiten werden nur kurze Hinweise gegeben. Zitate werden nicht gebracht. Wer sich mit den "Problemen" des Falles auseinandersetzen möchte, sollte Literatur und Rechtsprechung selbständig befragen.